Der Generationswechsel stellt mittelständische Unternehmen auf eine harte Probe: Schafft es das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, den über Jahrzehnte angesammelten Erfahrungsschatz erfolgreich in die Hände jüngerer Geschäftsführer zu geben? Darüber habe ich mich mit Maresch Bär von Perdoo unterhalten. Perdoo ist eine ORK-Plattform, die einfaches, smartes und flexibles ORK-Management für Unternehmen bietet.
Das Interview wurde zuerst im Perdoo-Blog veröffentlicht und ist hier auch auf Englisch abrufbar.
1) Perdoo: Du hast lange Zeit selber in mittelständischen Unternehmen gearbeitet. Wie kam der Entschluss, in die Beratung zu wechseln und wo liegen deine Schwerpunkte?
Martin: Ich hatte schon lange den Wunsch, unternehmerisch tätig zu werden. Schließlich ergab sich dann für mich die Gelegenheit auf eine Unternehmensnachfolge für eine Strategieberatung. Da ich mich als Führungskraft bei einem großen deutschen Mittelständler lange Zeit mit der Entwicklung und Umsetzung von Strategien, dem Coaching von Mitarbeitern und mit dem Vertrieb von Technologieprodukten und Services beschäftigt habe, ist der Aufbau einer Strategie-Umsetzungsberatung ein “perfect fit” für mich.
Heute arbeite ich mit mittelständischen Unternehmen und helfe ihnen die Lücke zwischen Strategie und Umsetzung im Tagesgeschäft zu schließen und so wirtschaftlich erfolgreicher zu werden. Dafür setze ich auf eine Kombination aus Methode (z.B. OKR), Coaching von Führungskräften und Software.
2) Perdoo: Laut einer aktuellen Studie wird bereits ein Drittel der Mittelständler von der jüngeren Generation von Firmenchefs geleitet. Bei weiteren 39 Prozent steht in den nächsten fünf Jahren ein Wechsel an. Wo siehst du die größten Herausforderungen beim Generationswechsel?
Martin: Im Hinblick auf Strategie und deren Umsetzung fasziniert mich das vorhandene Erfahrungswissen der älteren Generationen. Teilweise haben Unternehmen, mit denen ich spreche, keine schriftliche Strategie vorliegen, sind aber strategisch sehr gut unterwegs. Die Inhaber, die 30 bis 40 Jahre das Unternehmen gestaltet und geprägt haben, haben in dieser Zeit ein enormes Expertenwissen angesammelt, das sie für strategische Abwägungen heranziehen. Bei einer Nachfolgeregelung geht dieses strategische Expertenwissen häufig verloren.
Daneben sehe ich die Veränderung des Führungsstils, die mit dem Generationswechsel oft einhergeht, als große Herausforderung. Während Inhaber tendenziell auf einen autoritären Führungsstil und klare, hierarchische Strukturen setzen, ist die nachfolgende Generation eher bestrebt, einen teamorientierten Stil zu etablieren.
3) Perdoo: Wie kann OKR im Mittelstand helfen, das Erfahrungswissen beim Inhaberwechsel zu strukturieren und somit zu bewahren?
Martin: OKR bietet dank seiner Struktur die Möglichkeit, das Wissen zu dezentralisieren und fördert sowohl den Top-Down- wie auch den Bottom-Up-Ansatz. Der bisherige Inhaber kann sein Erfahrungswissen in der Festlegung und Formulierung von Ultimate-OKR sowie Company-OKRs einbringen und so die zukünftigen strategischen Leitplanken mitgestalten. Die Mitarbeiter haben dann die Möglichkeit, innerhalb des OKR-Prozesses ihr Wissen und ihre praktische Erfahrung in die Formulierung der Abteilungs- oder Team-OKRs einzubringen. So wird sichergestellt, dass die Ideen des Inhabers enthalten sind und gleichzeitig der Erfahrungsschatz der gesamten Organisation genutzt wird.
4) Perdoo: Profitiert nur die Chefetage von OKR oder auch die Mitarbeiter?
Martin: Meiner Erfahrung nach wollen die jüngeren Leute mitgestalten und wertvolle Beiträge leisten. Oft fehlt es aber an Transparenz von Strategien und Zielen, die dafür notwendig ist. OKR fördert genau diese Transparenz und gibt den Mitarbeitern dadurch die Chance aktiv an der Unternehmensentwicklung mitzuarbeiten. Eine transparente und zielorientierte Arbeitsumgebung zieht dann wiederum gut ausgebildete Arbeitskräfte an und bindet diese ans Unternehmen.
5) Perdoo: OKR sichert also nicht nur den Erfahrungsschatz sondern motiviert auch insbesondere jüngere Mitarbeiter. Hilft OKR Mittelständlern auch dabei, innovativer zu werden?
Martin: Viele deutsche Mittelständler sind in ihren Branchen Technologieführer und bringen konstant technologische Innovationen hervor. Der größte Anpassungsbedarf liegt daher für mich nicht bei den Produktinnovationen sondern in der Einführung neuer Managementprozesse und in der Weiterentwicklung der organisatorischen Strukturen. Dabei kann OKR eine wichtige Rolle spielen.
6) Perdoo: Wann ist der richtige Zeitpunkt für ein mittelständisches Unternehmen, OKR einzuführen?
Martin: Es lohnt sich, über eine Einführung nachzudenken, wenn neue strategische Impulse gesetzt werden sollen – sei es eben im Zuge einer Nachfolgeregelung oder im Hinblick auf das kontinuierliche Operationalisieren einer Mehrjahres-Strategie. Aber auch eine angestrebte Änderung der Führungskultur kann ein guter Startpunkt für eine erfolgreiche Implementierung sein.
Für mein Empfinden passen Mittelstand und OKR hervorragend zusammen. Mir gefällt die “Machermentalität” der Mittelständler; OKR fördert diese zusätzlich und richtet sie langfristig aus.
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Photo by Riccardo Annandale on Unsplash