Arbeiten wir an den richtigen Dingen?
Während meiner Zeit als Vertriebsleiter hatte ich mich mit meinem Vertriebsteam auf ein ehrgeiziges Umsatzziel mit Key Accounts festgelegt und in einem Workshop einen detaillierten Plan an Aktivitäten entwickelt, der die Umsetzung sicherstellen sollte. Aus den Aktivitäten ging hervor, wer wann was zu tun hatte, um das Ziel erreichen zu können. Marketingkapazitäten, Vertriebsressourcen und Budget waren auf das Ziel ausgerichtet und wir gingen – mit dem Gefühl perfekter Vorbereitung, an die Umsetzung. Nach dem 1. Quartal hatten wir zwar unsere bis dahin terminierten Aktivitäten abgeschlossen, allerdings hingen wir dem Umsatzziel etwas hinter her. Wir waren überzeugt: „Wird sich im zweiten Quartal drehen – wir sind ja gut vorbereitet.“ Doch die Schere zwischen Umsetzungsgrad der geplanten Aktivitäten (95%) und der Zielerreichung im Umsatz (70%) ging immer weiter auseinander. Mangelnde Umsetzung war nicht das Problem, sondern vielmehr wirkten die Maßnahmen nicht in dem Maße auf die Umsatzentwicklung, wie dies notwendig gewesen wäre.
Das Zusammenspiel von Frühindikatoren und Ergebniskennzahlen
Typische Kennzahlen wie Umsatz, Ertrag, Rentabilität etc. die für Ziele in Organisationen herangezogen werden sind klassische Ergebniskennzahlen. Sie ermöglichen eine Analyse der erzielten Performance und messen Zielerreichungen. Bildlich gesprochen entsprechen sie dem Blick durch den Rückspiegel in die Organisation und den Markt.
Um jedoch Aktivitäten und Maßnahmen auszurichten, sind Ergebniskennzahlen nur bedingt geeignet. Hier haben Frühindikatoren einen deutlich höheren Nutzen. Frühindikatoren haben Einsatz auf die zukünftige Performance und erlauben dadurch eine Vorhersage der Zielerreichung. Im Marketing- und Vertriebsumfeld sind z.B. die Anzahl erzeugter Leads oder die Angebotserfolgsquote etc. gängige Frühindikatoren für die Umsatzentwicklung.
Ein einfaches Beispiel verdeutlicht den Unterschied: Wenn ich mir vornehme abzunehmen, dann lege ich meinen Zielwert mit einer Ergebniskennzahl „Zielgewicht = 80 kg“ fest. Zwei Frühindikatoren haben wesentlichen Einfluss auf diese Ergebniskennzahl – die Menge der aufgenommenen Kalorien und der Kalorienverbrauch. Ich nehme ab, wenn ich mehr Kalorien verbrauche, wie ich aufnehme. Mit dem Wissen, was die Ergebniskennzahl tatsächlich durch mein Verhalten beeinflussbar macht, bin ich dann in der Lage, wirksame Aktivitäten festzulegen. So kann ich mich z.B. entscheiden, meinen Ernährungsplan mit einer Obergrenze an Kalorienaufnahme jeden Tag einzuhalten und den Kalorienverbrauch durch 4 Trainingseinheiten à 60 Minuten je Woche zu erhöhen.
Unser Frühindikator für die Key Account Entwicklung: Eigene Marketingmaßnahmen
In der Entwicklung der Aktivitäten zur Key Account Entwicklung hatten wir uns auf eine ganze Reihe von To-Dos festgelegt (z.B. Durchführung von Jahresgesprächen, Quartalscheck,…), die sich stark auf die Beziehungspflege zu unseren Partnern konzentrierten. In unserer Analyse der Halbjahresergebnisse stellten wir schnell fest, dass die besten Performer unter den Key Accounts erfolgreiche Marketingmaßnahmen mit unseren Produkten durchgeführt hatten - diesen eigentlichen Erfolgstreiber für eine positive Umsatzentwicklung hatten wir nicht eindeutig adressiert.
Für das 2. Halbjahr änderten wir also unseren Aktivitätsschwerpunkt und nahmen uns vor, durch jeden Key Account mindestens zwei Marketingmaßnahmen (online oder offline) zu unseren Produkten umzusetzen. Dies führte zu einem deutlichen Anstieg der Wahrnehmung unserer Produkte im Markt und: mit jeder Maßnahme stieg der Umsatz…
Praxistipp: Arbeiten Sie an den Frühindikatoren
Erfolgreiche Teams und Mitarbeitende investieren einen Großteil ihrer Anstrengungen in die wenigen Aktivitäten, welche die größte Wirkung auf das Ziel haben. Bei der Umsetzung von Zielen geht es nicht um die reine Abarbeitung von To-Do-Listen oder einen Projektplan, sondern um Klarheit zu wichtigsten und wirksamsten Erfolgsfaktoren, um dem Ziel näher zu kommen. Gute Aktivitäten wirken wie Hebel auf die im Ziel definierte Ergebniskennzahl.
Die Erfolgstreiber (Frühindikatoren) Ihres Geschäfts zu identifizieren ist keine einfache Übung, aber machbar. Für mich haben sich zwei aufeinander aufbauende Schritte bewährt:
1. Expertenworkshops: In Workshops mit internen Experten-Teams (z.B. erfahrene Mitarbeitende) können wichtige Einsichten gewonnen und entsprechende Annahmen / Hypothesen über die Zusammenhänge im eigenen Unternehmen getroffen werden. Hierbei unterstützen Fragen wie „Was machen unsere erfolgreichsten Teams / Mitarbeitende anders?“, „Welche Stärken können wir als Hebel zur Zielerreichung nutzen?“ etc.
2. Datenanalysen: Die in den Expertenworkshops herausgearbeiteten Wirkzusammenhänge können idealerweise mit Daten untermauert bzw. widerlegt werden. Grundvoraussetzungen hierfür sind auf der einen Seite entsprechend vorliegende Daten, auf der anderen Seite sollten Kompetenzen für Datenmodelle vorhanden bzw. hinzugezogen werden.
Meiner Erfahrung nach lohnt sich dieser Aufwand: Erfolgreiche Umsetzung wird planbarer, zudem können Mitarbeitende und Teams Momentum gewinnen und wichtige Schritte in Richtung Gesamtzielerreichung machen, sobald die Arbeit an den Frühindikatoren erste Erfolge in der Zielerreichung (Ergebniskennzahl) sichtbar macht.
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Photo by Franz Harvin Aceituna on Unsplash